Seniorenziegen
Wie im letzten Eintrag versprochen, erfahren sie in den folgenden Zeilen etwas mehr über unsere zwei anderen Ziegen, welche die wohlklingenden Namen „Gabi“ und „Berta“ tragen. Sie sind Schwestern und mittlerweile stolze 15 Jahre alt.
Da ich mir zu Beginn nie merken konnte, wer nun wer war, zog ich mir eine selbstausgedachte Eselsbrücke zu Rate. Die braune Ziege ist „Berta“ und die andere (schwarze) muss folglich „Gabi“ sein. Noch heute, etwa zwei Jahre nach dem Zuzug der zwei Seniorendamen, sage ich mir diese Eselsbrücke innerlich auf, werde ich nach den Namen gefragt.
An die ersten Wochen der beiden bei uns, kann ich mich noch sehr gut erinnern. Zuvor hatten sie in einem Stall bei einem älteren Herrn gewohnt. Diesen besuchte meine Kollegin Frau Gehrig regelmässig, um ihm zum Beispiel beim Ausmisten oder im Garten zu helfen. Natürlich kam sie auch immer gerne auf einen netten Plausch vorbei. Da der Ziegenstall aber nicht so ideal isoliert war und der Winter vor zwei Jahren so extrem kalt war, entschieden wir uns gemeinsam mit dem älteren Herrn dazu, die Ziegen zu uns ins Tierdörfli zu holen. Dort hatten wir gerade Platz bekommen, da unsere zwei Zwergziegen „Jambo“ und „Benito“ ein schönes Plätzchen auf einem Hof mit grosszügigen Weiden und Stallungen gefunden hatten.
Anfänglich noch sehr schreckhaft und eingeschüchtert, tauten die zwei älteren Ziegendamen mit jedem Tag ein wenig mehr auf. Schnell hatten sie sich an unseren Tagesrhythmus gewöhnt und standen für jede heissgeliebte Portion Heu schon parat.
Beim Stall ausmisten kam es innert weniger Tage zu den ersten lustigen Zwischenfällen. So stand vor allem „Berta“ auf den langen und erhöhten Bänken, während wir die Bodenflächen von Kot und Urin reinigten. Stellte man sich dann wieder gerade hin, kam es nicht selten vor, dass „Berta“ einen mit angelegten Ohren und nach hinten gezogenem Kopf begrüsste. Wären wir stehen geblieben, hätte es sicherlich eine ordentliche Kopfnuss gegeben. Ich selber zog mich schnell zurück, Frau Gehrig war jedoch der Meinung, man solle in solch einer Situation seine innerliche Ziege hervorholen.
So schaute ich ihr einmal dabei zu, wie sie sich selber vor „Berta“ grossmachte und selbstbewusst auf sie zuging. Und tatsächlich, „Berta“ wich zurück und liess Frau Gehrig danach in Ruhe.Seit dem lasse ich meiner inneren Ziege immer freien Lauf, wenn Madame „Berta“ wieder meint, den Chef raushängen lassen zu müssen. Nur gut, dass unser Ziegenhaus ein wenig versteckt liegt und mich dabei niemand beobachten kann…
Eine andere lustige Geschichte kann man über „Gabi“ erzählen. Wir führen unsere zwei Ziegengruppen immer abwechselnd einmal am Tag an Halsband und Leine hoch zu den Ausläufen beim Stall. „Konstanze“ und „Cleopatra“ sind dabei richtige Profis und kommen immer brav angelaufen, um angeleint zu werden.
„Berta“ und „Gabi“ waren dieses Verfahren ja absolut nicht gewöhnt. So sah man zu Beginn Ziegen, die wie vom Blitz getroffen da standen und sich keinen Millimeter bewegen wollten. Doch mit jedem Ausflug nach oben oder im Sommer auf die grossen Weiden, gewöhnten sie sich an das Halsband. Mittlerweile freuen sie sich, sobald die Leine klimpert und fangen lautstark zu motzen an, wenn erst die anderen zwei geholt werden.
Doch „Gabi“ hat neben dem Motzen noch eine lustigere Marotte entwickelt. Sind die zwei auf der Weide gewesen und wir wollen die beiden wieder anleinen, um sie zurück zu holen, rennt „Gabi“ wie ein junges Reh vor uns weg. Sie weiss ganz genau, dass wir alleine sie niemals kriegen werden. Und ich bin mir sicher, sie geniesst es zu sehen, wie wir minutenlang hinter ihr her rennen. Ihre Schwester „Berta“ hingegen lässt sich einfacher fangen. Per Zufall fanden wir dann eine Lösung für unser Problem. Als mein Kollege, Herr Jozic, mal keine Geduld mehr hatte, ging er mit der angeleinten „Berta“ voraus und liess „Gabi“ einfach zurück. Diese wollte er mit Unterstützung durch ein oder zwei Arbeitskollegen einfangen. Als „Gabi“ dann merkte, dass man sie ganz alleine zurücklassen würde, kam sie sofort angerannt, und liess sich widerstandslos anleinen. Seit dem ist dieses Verfahren praktisch zu einem Ritual geworden und ich mache mir gar nicht mehr die Mühe, dem jungen Reh hinterher zu rennen.
Ich weiss nur nicht, welchen Trick wir anwenden können, sollte „Gabi“ mal merken, dass alles nur ein grosser Bluff ist…
Neben diesen zwei kleinen Auszügen gibt es noch viele weitere lustige Anekdoten über die zwei Seniorenziegen zu erzählen. Doch das würde zu sehr ausarten. Dem entsprechend empfehle ich Ihnen, fleissig weiter zu lesen. Auch können Sie Geschichten über unsere anderen tierischen Bewohner erwarten.
Ihre Isabell Papenbrock